Masuren
Back to the roots! Meine Wurzeln liegen in Masuren und ich habe es deshalb zum Anlass genommen diese Region trotz möglichen Sprachbarrieren auf eigene Faust für mich zu entdecken.
Wo liegt Masuren und wo ist es am Schönsten?
Heute liegt Masuren im Nordosten Polens, da wo einst sich Ostpreußen befand. Malerisch wurde diese Gegend von der Natur geschaffen und wird nicht umsonst als „Land der tausend Seen und dunklen Wälder“ betitelt. Das klingt noch bescheiden, denn laut Wikipedia sollen es an die 2.700 Seen sein, 7% der Gesamtfläche ist mit Seen bedeckt. Dank der Eiszeit kann beinahe nach jedem Kilometer ein Moränensee angesteuert werden, die meisten sind sogar miteinander über Flüsse, Bäche und Kanäle verbunden. Die Seen entstanden durch riesige Eisschollen aus dem skandinavischen Raum. Der größte See in Masuren, der Sniardwy (Spirdingssee) bei Mikołajki (Nikolaiken) ist von der Fläche her mit der Müritz in Mecklemburg-Vorpommern vergleichbar.
Genug Backgroundinfos… zunächst…, jetzt gehe ich zur Fahrt rüber. Nach den drei Übernachtungen in der Sächsischen Schweiz kreuzte ich hinter Dresden über ländliche Bundesstraßen den Spreewald bis ich mich anschließend hinter Frankfurt (Oder) oder auch direkt hinter der Oder auf polnisches Staatsgebiet befand. Wo man einst stundenlang an der Grenze wegen genauen Kontrollen verweilen musste, ist bis auf das alte Wechselgeldhäuschen nichts mehr zu erkennen. Nahtlos geschieht der Ländersprung über die Autobahn, die kurze Zeit später bis nach Posen gebührenpflichtig ist (ca. 9-12 EUR). Da in Polen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen bei 140Km/h liegt, ging die Fahrt bis zur Großstadt Posen auch sehr flott. Nach einem Kaffee von McDonalds ging es über eine Schnellstraße nach Gnesen hinauf. Ab dann waren es Überlandstraßen, die mich langwierig über Torun (eine schöne, historische Stadt!), Ostroda, Olsztyn (Allenstein) bis zum Zielort Mragowo (Sensburg) am Abend führte. Auch für Mragowo habe ich in Sachen Hotelsuche wieder voll ins Schwarze getroffen. Das Gościniec Molo ist super zentral gelegen, großes und sehr sauberes Zweibettzimmer, Balkon mit Seeblick inkl. Frühstück für 190 EUR. Booking.com sei Dank. 🙂 Ich kann das Hotel Goscinec Molo absolut weiterempfehlen. Diesen Tag habe ich auch als reinen Anreisetag gesehen und bis auf Zimmer beziehen, kurze Orientierungsrunde durch das Stadtzentrum und einer Pizza habe ich auch nichts mehr gemacht.
Direkt am ersten Tag ging es auf Tour. Nach dem Frühstück packte ich mein Kamera-Equipment zusammen und verbrachte den halben Tag in dem Fischerort Mikołajki (Nikolaiken). Mikołajki beherbergt eine Legende und zwar die des Stinthengstes. Einst waren es arme Fischer, die eines Tages den Stinthengst, ein Fisch mit einer Krone, gefangen haben. Der Fisch erklärte den Fischern, dass Touristenströme in die Stadt fließen werden, wenn sie ihn am Leben lassen. Dieses passierte und die Fischer haben anschließend den Fisch an einem Brückenpfeiler gekettet. Da sie das symbolische Abbild wegen dem Neubau der Brücke weggeschafft haben, habe ich den Stinthengst nochmal als Brunnenskulptur gefunden und abfotografiert. Nach einem Rundgang in und um Mikołajki entschied ich mich auch hier Mittag zu essen. Ich bestellte einen richtig guten Burger im Restauracja Przystan direkt am Anleger der Rundfahrtschiffe.
Gegen Abend besuchte ich die Ortschaft meiner Ahnen väterlicher Seite. Danach fuhr ich zur Wallfahrtskirche Święta Lipka (Heilige Linde) im Kreis Reszel (Rößel). Sie gehört eindeutig in der Kategorie POIs. Unbedingt besuchen wenn Ihr in der Ecke seid, denn sie ist zerbrechlich wie diese Glaskugel in meiner Hand. Warum? Weil diese Kirche auf 10.000 Holzpfeiler über sumpfigen Grund gebaut wurde. Sie drohte im letzten Jahrzehnt des letzten Jahrtausends einzustürzen. Es sind durchaus Parallelen mit Venedig vorhanden. Nun zur Namensgebung: Ein Gefangener, der handwerklich nicht talentiert war, sollte auf Intervention der Jungfrau Maria eine Holzfigur von Ihr fertigen und wurde dadurch freigelassen. Die Figur hing der Gefangene unter einer Linde und man entschloss zunächst eine Kapelle, dann eine Kirche an diesem Ort zu errichten. Innen ist diese Kirche richtig prunkvoll. Zwischendurch gibt es Orgelspiele, bei dem die Figuren sich bewegen. Das Licht war schon aus bevor ich die Kirche am späten Abend betreten habe. Ich musste mich vor dem Portalschluss richtig beeilen und habe alles mit einer 2.000er ISO schnappgeschossen. Das Altarbild war das letzte Bild was ich machen konnte. Ich hätte noch gerne die schönen Fresken abfotografiert.
Am nächsten Tag ging es zunächst Richtung Westen zum Schloss Sorkwity (Sorquitten), Schloßbesitzer waren einst die Vorfahren von der RTL-Nachrichtensprecherin Ulrike von der Groeben. Weiter ging es durch eine herrliche Waldlandschaft um Maradki.
Hier findet man viele Seen
Ich habe Urlaub und deshalb sollte man sich auch einfach mal treiben lassen. Ganz wörtlich genommen habe ich heute die Entschleunigung in einem Kanu gesucht. Ich fuhr in den Ort Krutyn und habe mir für eine Tagesetappe auf der Krutynia entschieden. Die Krutynia ist mit ihren 100Km der längste Fluss in Masuren und verbindet einige Seen. Sie fließt mitten durch ein Naturreservoir, dass ausschließlich über Kanus bereist werden darf. Die Tour hat mir sehr gefallen, so dass ich mal eine einwöchige Kanutour auf der Krutynia verbringen werde.
Die Natur scheint hier noch absolut im Gleichgewicht zu sein. Weite Wiesen und Felder sowie dichte Wälder dekorieren diese gewaltige Seenlandschaft. Neben unzähligen Weißstörche konnte ich auch eher seltenere Arten wie Kraniche und Eichelhäher entdecken. Bieberhinterlassenschaften an Baumstämmen waren ebenso auszumachen. Das Wasser der Seen ist größtenteils sehr klar und auch der Fischreichtum war durch aufsteigende Luftblasen auszumachen.
Am späten Nachmittag fuhr ich dann in das benachbarte Gałkowo (Galkowen)zu einem großen Trakehner Gestüt. Trakehner kommen ursprünglich aus dem nördlichen Ostpreußen aus der Nähe Kaliningrad (Königsberg). Sie sind eine sehr edele Warmblüter-Rasse und werden durch ihren athletischen Körperbau und willensstarken Charakter auf Turniere eingesetzt. In Gałkowo können nicht nur die Trakehner besichtigt werden, es gibt dort auch ein besseres, großes Land-Restaurant von der Familie Ferenstein.
Über eine Fahrt durch die dicht mit Bäumen besiedelte Johannisberger Heide (Puszcza Piska), Mikołajki (Nikolaiken) und Ryn (Rhein) ging es dann zurück zum Hotel nach Mragowo (Sensburg). Unterwegs habe ich noch Lebensmittel-Nachschub im Discounter Biedronka und für umgerechnet 8 EUR einen schönen Kaffee-Tisch gekauft.
Am 4. Tag machte ich einen größeren Ausflug. Ich besuchte zunächst Ketrzyn (Rastenburg) und stiefelte auf eine Anhöhe zur Rastenburg. Da mir seit den langen Wanderungen in der Sächsischen Schweiz mir die Blasen an den Füßen ärgerten, zückte ich im Stadtkern von Ketrzyn das Smartphone und ließ mir Blasenpflaster auf Polnisch übersetzen. Ich betrat eine Apotheke und habe das Smartphone vor der Apothekerin gehalten. Leider meinte sie nie ma (keine) und humpelte leicht weiter. Ganz in der Nähe von Ketrzyn befindet sich in Gierłoż (Görlitz) das ehemalige Führerhauptquatier „Wolfschanze“. Dort wo das versuchte Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg stattgefunden hat. Die Ruinen sollen da gut begehbar sein. Laut Insider-Infos sollte ich die Wolfschanze wegen touristischer Überflutung meiden und habe diesen Rat auch befolgt.
Anschließend fuhr ich weiter nördlich zum Jezioro Mamry (Mauersee) nach Wegorzewo (Angerburg). Von dort aus ist Russland nur einen Katzensprung von ca. 14Km entfernt. Es fehlte nur das Visum um in die Enklave um Königsberg zu kommen.
Nach einigen Schnappschüssen unterwegs machte ich mich dann auf nach Gizycko (Lötzen). Unweit der alten Festungsanlage Boyen bog ich zu Fuß an der Drehbrücke (meist für den Autoverkehr geschlossen bzw. für den Schiffsverkehr geöffnet) Richtung Marina ab.
Ich machte dort einen sehr entspannten Spaziergang entlang des Ufers, beobachte den Kormoran auf dem Stein im Wasser und ging über eine lange Brücke, die die Marina mit dem Stadtzentrum verbindet.
Dort habe ich auch mein Mittagessen in Lokal Kuchnie Swiat an der plac Grunwaldzki mit einem leckeren Fisch nachgeholt.
Da ich beim letzten Besuch der Heiligen Linde zur späten Stunde vom Küster freundlich hinausgebeten wurde, entschließ ich mich nochmal die Basilika vor allem von innen zu besichtigen. Ich bin mitten in einem Orgelkonzert hineingeplatzt, das u.a. 9:30, 10:30, 11:30 und 12:30 stattfindet. Zu hören waren Dokata von Bach und Schuberts Ave Maria. Das prachtvolle Orgelbild bewegte sich zu den Klängen von Bach und Schubert und ich ebenso die Kamera für noch bessere Bilder. Durch die Sonneneinstrahlung war die Ausleuchtung nun besser und konnte auch ein Bild der Fresken machen.
Nach einem Rundgang um den benachbarten See habe ich mir einen kleinen Snack gegönnt und entschied mich für die Zapiekanka. Zapiekanka kann als polnisches und recht günstiges (ca.1,50-2 EUR) Fast-Food gesehen werden. Halbiertes Baguette mit Champignons in einer Kräuter/Gewürzmischung mit Käse überbacken und Ketchup darüber. Es ist ein sehr einfaches Gericht, aber trotzdem sehr lecker.
Am letzten (ganzen) Tag machte ich um Mragowo (Sensburg) einen Fotowalk und begann am Markt. Leider war der Markt eine kleine Enttäuschung, da ich ihn von früher noch als sehr großen, lebhaften Markt kennengelernt habe. Er hat sich in etwa von der damaligen Größe halbiert. Dafür findet man heute nun Supermärkte, vor allem auch Discounter wie Biedronka und Lidl, fast an jeder Ecke. Das wird wohl der Tod des Marktes sein. Anschließend machte ich noch einen großen Bogen um die Stadt, störte eine TV-Produktion und ging in das Hotel zurück.
Nach einer Runde im Pool kam ich auf die spontane Idee nochmals ein Kanu auszuleihen und das gute Wetter auf dem Jezioro Czos (Schlosssee) zu genießen. Der Genuss dauerte 2-3 Stunden an, bis das Gewitter mich vom See vertrieben hat. Ich nahm noch ein leckeres Sahne-Eis (śmietankowy) und machte mich dann zum Packen ins Hotel auf. Den Abend konnte ich dann doch noch am See den Abend ausklingen lassen.
Direkt nach dem Frühstück und dem Check-Out fuhr ich dann nach Hause. Die Heimreise ging ziemlich zügig und habe sie in 11 Stunden geschafft. Ebenso ein schönes Bild beim Sonnenuntergang und schönem Wetter wieder in der Heimat zu sein.
Schau Dir auch meine anderen Videos zur Masurischen Seenplatte an:
Wow,was für eine schöne,übersichtliche Hp.
So bringt man die alte Heimat nahe.
LG Roswitha Ohlendorf