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Halden im Ruhrgebiet

Die Steinkohle wurde bei uns im Ruhrgebiet als schwarzes Gold bezeichnet. Gold ist zwar nicht schwarz, aber beinahe war die Steinkohle so viel wert. Die Förderung der Steinkohle sowie die Herstellung von Stahl waren einst unsere Geldmaschinen und Wirtschaftsmotoren im gesamten Land.

Steinkohle

Um einen guten Ertrag einfahren zu können, war es ein Knochenjob sich damals in den Tiefen des Erdreichs zu graben. Qualen für die Bergleute, die zugleich unserer Region bis heute hin prägen.
Über einem Jahrhundert wurden Kohleflöze und Erdreich aus bis zu einem Kilometer Tiefe entnommen. Unterirdisch gleicht das Ruhrgebiet einem löchrigen, Schweizer Käse. Teilweise wurden die Stollen mit anderen Füllmaterialien befüllt, teilweise sind sie auch ungesichert in Vergessenheit geraten. Das ursprüngliche Material wurde seinerzeit zu großen, dunklen Bergen aufgeschüttet, den Halden. Es ist also möglich im Schutt noch alte Fossilien zu entdecken.

Dunkel sind sie absolut nicht mehr. Sie werden entweder kultiviert oder frei der Natur überlassen. Sie sind erheblich daran beteiligt, dass das Ruhrgebiet immer mehr Naturgrün erhält und sich immer mehr seltene Tierarten heimisch fühlen können.

Biene auf der Halde

Biene auf der Halde

Heute sind die Halden große POIs im Ruhrgebiet und für die Freizeitgestaltung sehr willkommen. Spazierwege, manchmal wie durch einen Wald, führen die Gipfelstürmer aufs Halden-Dach. Anders wie ein normaler Sonntagnachmittagsspaziergang durch den Wald hat man immer hinauf mindestens ein Ziel. Als Belohnung bekommt man einen herrlichen Blick über das heute sehr grüne Ruhrgebiet und zugleich schöne Skulpturen bzw. Landmarken zum Fotografieren. Die Zeit da oben vergeht irgendwie nicht so schnell und der Haldenspaziergang entpuppt sich als guten Helfer der Entschleunigung aus dem stressigen Alltag.
Meine allererste Adresse in luftiger Höhe war 2015 die Halde Hoheward in Herten mit Sonnenuhr und Obelisk sowie dem leider baufälligen Horizontobservatorium, das als die Landmarke des neuen Ruhrgebiets stehen sollte. Die gestützten Bögen des Horizontobservatoriums befinden sich in 152,2m über NN und sind bereits aus der Ferne gut zu erkennen. Ich kann jetzt schon sagen, dass der Aufstieg mit der ungleichmäßigen Treppe zum Gipfel der anstrengendste Halden-Marsch war. Soviel vorweg.

2016 weckte mich das Haldenfieber und wollte es unbedingt mit meinem Fotografie-Hobby verbinden. In der Nähe meiner Heimat habe ich als zweites Ziel meines Haldenmarathons die Halde Großes Holz in Bergkamen ausgewählt. Dazu recherchierte ich vorab im Internet und habe mir direkt ein Lesezeichen für die Seite http://www.halden.ruhr angelegt. Es ist ein genialer Internetauftritt über Definition, Entstehungsgeschichte und Auflistung beinahe aller Halden im Ruhrgebiet. Darin werden auch Anfahrt, Besonderheiten und Zustand der einzelnen Halden sehr gut beschrieben. Seit dem Besuch der Halde Großes Holz ist die Internetseite nicht mehr aus meinen Tour-Planungen wegzudenken. Neben einem mittig platzierten Balkon ist auch die Gipfelplattform gut zu erreichen. Darauf wurde eine LED-Säule installiert, die bei Nacht auch von einer weiten Distanz aus zu sehen ist.

Auf einer ganz anderen Art und Weise entstand die Halde „Neuer Kaiserberg“, denn die hat mit dem Thema Steinkohle nichts am Hut. Die am Ostufer des Phoenix-Sees in Dortmund-Hörde gelegene Halde entstand aus jüngerer Zeit durch den Aushub des Phoenix-Sees. Den Überblick über den Phoenix-See gewinnt man von dort Oben sowie eine Aussicht über die Dortmunder Skyline.

Mit einem Foto-Kumpel spazierte ich die Halde Haniel, die größte für die Öffentlichkeit zugänglichen Halde, hinauf. Das untere Zweidrittel war ein Weg wie durch einen Wald. Auf diesem Weg waren Kreuzwegstationen mit einzelnen Reliquien aus der Bergbauzeit installiert, die oben am Gipfelkreuz endeten. Das Gipfelkreuz markiert nicht die höchste Stelle der Halde, sondern eine Etage höher bunte Bahnschwellen, die als Totem bzw. Windkamm in einem Halbkreis angereiht stehen. Zwischen dem Windkamm und dem Gipfelkreuz befindet sich das Bergtheater, wo gelegentlich Aufführungen stattfinden. Der Blick von der Halde, die auf der Stadtgrenze zwischen Oberhausen und Bottrop aufgeschüttet wurde, ist lohnenswert. Es kann über das gesamte Ruhrgebiet geschaut und selbst der Düsseldorfer Fernsehturm kann bei guter Sicht ausgemacht werden.

 

Nun entschied ich mich für eine sehr niedrige Halde in Recklinghausen. In Anlehnung an dem Stadtteil und der Überdachung, die einer Almhütte erinnert, wurde sie auf dem Namen „Neue Suderwicher Alm“ getauft und befindet sich gut versteckt zwischen einer alten Bergbausiedlung der ehemaligen Zeche König-Ludwig und einem Gewerbegebiet. Der Ausblick von oben ist eher weniger spannend und man sieht kaum etwas anderes als grüne Felder. Schön fand ich allerdings den Blick aus der Siedlung heraus hoch zur „Almhütte“. Es ist schon ein witziger Kontrast in der Umgebung.

Neue Suderwicher Alm

Neue Suderwicher Alm

Nicht sehr viel höher als die Suderwicher Alm ist die Halde Schwerin in Castrop-Rauxel. Auf dem höchsten Punkt konnte ich eine weitere Landmarke besuchen. Darauf ist eine Sonnenuhr installiert, bestehend aus einigen Edelstahlpfosten. Der Ausblick ist auf der Halde Schwerin schon deutlich besser und kann von dort die benachbarten Städte orten. Leider konnte ich nur kurz die Halde besichtigen, da das Wetter mit Regen und Gewitter mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Die Kamera hab ich gleich im Auto gelassen und mein wasserdichtes Smartphone gezückt. Ansonsten kann dort noch der Wassertempel und die benachbarte Landmarke „Schweriner Ring“ besichtigt werden. Außerdem sind riesige Windkrafträder in der Landschaft platziert, die einfach nur auffallen.

Sonnenuhr auf der Halde Schwerin

Sonnenuhr auf der Halde Schwerin

Direkt am Folgetag habe ich das etwas bessere Wetter genutzt und besichtigte direkt nach der Arbeit die Halde Ewald-Fortsetzung in Oer-Erkenschwick. Das Markenzeichen für diese Halde ist das Grüne Klassenzimmer. In diesem „Klassenzimmer“ sind quaderartige Steine als Sitzgelegenheit vorzufinden. Die Idee, dass man von diesem Klassenzimmer auf die Landschaft gucken könnte, finde ich genial. Allerdings ist die Aussicht schon mit Grünzeug verwuchert und dadurch versperrt. Ich habe das Gefühl, dass die Halde nicht mehr richtig gepflegt wird.

Das Grüne Klassenzimmer auf der Halde Ewald-Fortsetzung

Das Grüne Klassenzimmer auf der Halde Ewald-Fortsetzung

Auf dem Gipfel der Halde Ewald-Fortsetzung verlaufen komische Rohre. Ob die zu einer Art Trimm-Dich-Pfad gehören? Aber auch da wäre es schon, etwas Grünzeug kurz zuschneiden, da leider eine gute Ausschicht wieder verspielt wurde.

Gipfel der Halde Ewald-Fortsetzung

Gipfel der Halde Ewald-Fortsetzung

Als Fotomotiv eignet sich da eher das stillgelegte Bergwerk Ewald-Fortsetzung, dieses direkt an der Halde angrenzt. Der UNtergrund war sehr matschig und bin mit den Schuhen fast komplett versunken. Aber was nimmt man nicht für gute Fotos so alles in Kauf.

Zeche Ewald-Fortsetzung in Oer-Erkenschwick

Zeche Ewald-Fortsetzung in Oer-Erkenschwick

Zeche Ewald-Fortsetzung in Oer-Erkenschwick

Zeche Ewald-Fortsetzung in Oer-Erkenschwick

Es werden noch viel mehr Halden in der nächsten Zeit besichtigt. Wer immer noch denkt, dass das Ruhrgebiet dreckig, staubig, vernebelt, etc. ist, der hat den Artikel nicht gelesen oder verharrt im Irrglauben. Ich hoffe, ich konnte etwas Gutes über meine Heimat präsentieren.

Dieser Beitrag wurde erstellt am 4. Juni 2016 von Christian Schwarz (chriz)

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